Loben Sie Ihr Pferd mit Herz und Verstand. Pferde lassen sich durch gespieltes Lob nicht täuschen.
Sie spüren sofort, wenn die Körpersprache des Lobenden nicht zum Lob passt.
Wozu Loben ? – Druck machen ist doch so einfach !
Lob macht nicht nur Menschen glücklich, sondern auch Pferde. Dafür muss es
- ehrlich gemeint sein,
- der Leistung angemessen sein
- und zum richtigen Zeitpunkt kommen.
Wenn Sie ehrlichen Herzens und ‘handwerklich’ richtig loben, schaffen Sie eine entspannte Lernatmosphäre. Ihr Pferd arbeitet gerne mit Ihnen zusammen und sie machen gemeinsam große Fortschritte. Ihr Lob gibt Ihrem Pferd die Sicherheit, das Richtige richtig zu tun.
Korrektes Loben steigert Ihre eigene Aufmerksamkeit, denn Sie müssen schnell entscheiden, wann und wie Sie loben. Gutes Loben steigert aber auch die Aufmerksamkeit Ihres Pferdes. Denn es lernt, dass es konzentriert, kooperativ und bis zum Schluss bei der Sache bleiben muss, um sich Ihre Anerkennung zu verdienen.
Und nicht zuletzt wachsen Selbstbewusstsein, Gelassenheit und Folgsamkeit Ihres Pferdes.
Diese positiven Auswirkungen von Lob würden Sie mit Druck nie erreichen. Nur in der Physik gilt: “Druck macht aus Kohlenstoff Diamanten”.
So können Sie Ihr Pferd loben lernen
Körpersprachlich loben (Ausatmen, Position, Haltung, Pausen, Streicheln)
Ausatmen: Tiefes, langsames Ausatmen ist eine wunderbare und gleichzeitig universelle Art, Ihr Pferd zu loben. Sie können sie am Boden genauso anwenden wie im Sattel; in der Halle und auf dem Reitplatz genauso wie im Gelände und im Straßenverkehr.
Ausatmen geht spontan. Sie brauchen keine Hilfsmittel. Sie brauchen nicht einmal Ihre Hände. Sie können Ihre Körperposition beibehalten. Und was noch dazukommt: Sie loben mit Ausatmen nicht nur Ihr Pferd, sondern Sie schenken sich und Ihrem Pferd zusätzlich einen Moment der Entspannung. Sicher haben Sie schon einmal erlebt, wenn ein Pferd tief ausatmet und danach völlig entspannt dasteht. Pferde wissen nämlich, was ihnen gut tut.
Position: Ihre Position, also die Nähe und die Ausrichtung Ihres Körpers, beeinflusst Ihr Pferd. Je weiter Sie sich von ihm entfernen und je weniger frontal Sie sich zu ihm ausrichten, umso geringer wirken Sie auf es ein. Sie können damit alleine durch einige Schritte rückwärts oder durch eine 90-Grad Abwendung Ihr Pferd loben.
Haltung: An Ihrer Körperhaltung, also wenn Sie aufrecht und mit erhobenem Kopf dastehen, erkennt Ihr Pferd, dass Sie etwas von ihm erwarten. Erfüllt es Ihre Erwartungen, können Sie es loben, indem Sie Ihre Schultern und den Kopf wieder in Normalhaltung zurücknehmen.
Pausen: Mit Pausen erreichen Sie eine dreifache Wirkung. Erstens empfindet Ihr Pferd die Pause als Lob. Zweitens hat das Pferdegehirn Gelegenheit, das gerade Erlebte zu verarbeiten. Drittens können Mensch und Pferd entspannen und mit neuer Konzentration und Motivation die nächsten Aufgaben anpacken. Kurz-Pausen (10 – 60 sec) müssen nicht immer Stillstehen bedeuten. Sie können auch in Form ruhigen Schritts am langen Zügel wohltuend für Ihr Pferd sein.
Lang-Pausen (für Stunden oder bis zum nächsten Tag) bieten sich an, wenn Ihr Pferd erstmals eine schwierige Aufgabe gemeistert hat. Ihr Pferd liest aus Ihrer Körpersprache, wie glücklich Sie über den Erfolg sind. Enttäuschen und belügen Sie es nicht, indem Sie dieselbe Aufgabe gleich noch einmal verlangen. Das Ergebnis wird zwischen schlechter und totalem Widersatz ausfallen und der Augenblick des gemeinsamen Glücks ist dahin.
Streicheln: Viele Reiter würden sich über das Entsetzen Ihres menschlichen Partners wundern, wenn sie ihn durch heftiges Klopfen gegen seinen Hals für eine gute Leistung lobten. Keine Mutter würde ihr Kind gegen den Hals hauen, weil es brav die Spülmaschine ausgeräumt hat.
Ersetzen Sie bitte beim Loben dieses unsägliche, unreflektierte Halsklopfen bei Ihrem Pferd durch sanftes Streicheln am Hals oder Kraulen am Widerrist. Heben Sie sich den Halsklopfer lieber auf, wenn Ihr Pferd Sie mit Hals und Kopf respektlos bedrängt – denn in dieser Situation ist er angebracht. In der Herde würde der Ranghöhere nämlich dem respektlosen Argenossen einen kräftigen Biss verpassen.
Pferd mit Stimme loben
Mit Stimme loben ähnelt stark dem Loben durch Ausatmen: Sie loben spontan, ohne Hilfsmittel, ohne Einsatz Ihrer Hände, ohne Änderung Ihrer Körperposition. Mit Stimme loben ist besonders im Sattel vorteilhaft, weil Ihr Pferd Sie körpersprachlich weniger gut wahrnehmen kann.
Versuchen Sie nicht, Ihr Pferd mit besonders kreativen, abwechslungsreichen Wortschöpfungen zu beeindrucken. Verwenden Sie stattdessen ein Wort als Zwischen-Lob und ein zweites als Abschluss-Lob.
Das Zwischen-Lob wird während eines Lernschritts / einer Lernschritt-Folge gegeben. Es zeigt Ihrem Pferd, dass es einen Teil der gestellten Aufgabe bereits gut erledigt hat, dass aber noch weitere Teile zu erledigen sind. Es drückt Ihre Erwartung aus, dass auch der Rest der Aufgabe gut erledigt wird.
Das Zwischen-Lob geben Sie so, dass die Aufmerksamkeit Ihres Pferdes und die weitere Aufgabenerledigung nicht beeinträchtigt werden. Wir empfehlen ein “Jaaa”. Ihre Stimme darf am Ende weder absinken noch leiser werden, damit Ihr Pferd erkennt, dass die Aufgabe noch weitergeht.
Das Abschluss-Lob dagegen zeigt Ihrem Pferd, dass es die gestellte Aufgabe gut erledigt hat. Hier bietet sich ein “Guuut” an, denn das “u” hat von allen Selbstlauten den tiefsten und wärmsten Klang. Außerdem erfordert das Wort “Guuut” keine Lippenakrobatik beim Aussprechen. Fühlen Sie die körperliche, geistige und emotionale Entspannung, wenn Sie das “Guuut” aussprechen? Dieses gute Gefühl wird sich auch auf Ihr Pferd übertragen.
Sie können selbstverständlich beliebige andere Wort zum Loben verwenden. Achten Sie aber bitte darauf, dass es sich akustisch von Ihrem Tadel-Wort unterscheidet. Also nicht “Fein” als Lob und “Nein” als Tadel einsetzen.
Pferd loben mit Futter?
Die Leitstute führt nicht mit Leckerli. Aber ihre Herde grasen lassen, führt zu Entspannung. Erstens, weil mit grasen das innere Bild von Ruhe und Sicherheit abgerufen wird. Und zweitens kann weder Pferd noch Mensch beim Kauen vor Anspannung die Zähne aufeinanderbeißen.
Unter diesen Gesichtpunkten sollten Sie das Lob mit Futter, Leckerli (Apfel-, Möhrenstückchen) oder Lieblingsmüsli, einsetzen. Achten Sie aber streng darauf, das Futter nicht als Lockmittel oder als Verführung einzusetzen.
Zuerst muss immer die Aufgabe gut erledigt sein. Darauf sollte als erstes Lob Ihr tiefes und deutliches Ausatmen folgen. Erst wenn sich auch Ihr Pferd entspannt hat, geben Sie ihm als weiteres Lob ein Leckerli. So vermeiden Sie, dass Ihr Pferd noch vor Beendigung der Aufgabe ans Fressen denkt, unkonzentriert wird und die Sache “vermasselt”. Oder im Schnappschildkröten-Modus Ihre Finger verletzt.
Grasen als Lob können Sie zum Beispiel an Orten einsetzen, an denen sich Ihr Pferd unwohl fühlt, aber tapfer ausharrt. Oder in Situationen, die brenzlig werden könnten. Aber auch dann gilt die Reihenfolge: Aufgabe vollständig erledigen, ausatmen, entspannen, fressen.
Pferdelob durch Klickern?
Dazu kann ich keine eigene Erfahrung beitragen. Allerdings habe ich eine persönliche Meinung: Wozu mit Klickern ein Lob ankündigen, wenn ich mit Ausatmen das Lob ohne Vorankündigung direkt geben kann?
Ausatmen ist ein Lob, das schnell auf die gute Leistung folgt. Ein Lob, das auf der wichtigen körpersprachlichen Ebene wirkt. Beim Loben durch Ausatmen muss ich keine Hand frei haben (oder sie zusätzlich nutzen), um den Klicker zu bedienen. Und schließlich klingt das Klicker-Geräusch immer gleich. Mein Ausatmen aber kann ich situationsspezifisch dosieren (kurz, lang, sanft, kräftig).
Aufgrund der Aussagen von Wikipedia kann ich keinen Vorteil des Klickers gegenüber dem Ausatmen erkennen:
Wikipedia sagt zum Klickern: Klickertraining bezeichnet eine Methode der Verhaltensbeeinflussung (oder Ausbildung) von Tieren. Mit Hilfe eines Klickers … werden erwünschte Verhaltensweisen verstärkt. Aus wissenschaftlicher Sicht fällt das Klickertraining bei systematischer Verwendung des Klickers als konditioniertem, sekundärem Verstärker unter die operante Konditionierung. …
Wesentlich für das „Lernen am Erfolg“ ist, dass das Tier die Konsequenz seines Verhaltens innerhalb eines möglichst kurzen Zeitraumes erfährt, so dass der Zusammenhang zwischen Verhalten und Konsequenz (die Verknüpfung) erhalten bleibt (das Verknüpfungszeitfenster für Hunde und Katzen liegt beispielsweise im Bereich von maximal 0,48 bis 0,7 Sekunden). Der Klick selbst ist keine Belohnung, sondern nur ein Markierungssignal für den präzisen Moment des gezeigten Verhaltens … Das Signal überbrückt den Zeitraum von Markierung des Verhaltens bis zur Belohnung.
Loben beim Pferd: Angemessen oft und zum richtigen Zeitpunkt
Alles was im Übermaß geschieht, stumpf ab (Pferde und Menschen) und verliert seinen Wert. Auch zu häufiges Loben. Passen Sie daher die Häufigkeit Ihres Lobens an die Trainingssituation an.
Während der Lern-Phase loben Sie jeden noch so kleinen Fortschritt, wenn er erstmals auftritt. In der Lern-Phase bemühen Sie sich, Ihrem Pferd Ihre Wünsche begreiflich zu machen. Und Ihr Pferd bemüht sich, Ihre Wünsche zu verstehen.
Manchmal ist dies so schwierig, dass nur die Methode “Versuch und Irrtum” hilft. Sie äußern dabei möglichst verständlich Ihren Wunsch und bitten Ihr Pferd, Ihre Äußerungen zu interpretieren. Erkennen Sie einen Fortschritt, loben Sie sofort mit einem Abschluss-Lob; auch wenn vielleicht ein weiterer Fortschritt möglich gewesen wäre. Lieber einen kleinen Fortschritt mit einem Lob abschließen, als wegen eines folgenden Fehlers kein Lob aussprechen können.
In der Stabilisierungs-Phase dagegen loben Sie erst am Ende einer Aufgabe mit einem Abschluss-Lob. Mit Zwischen-Lob an markanten Punkten der Aufgabenerledigung geben Sie Ihrem Pferd zusätzliche Sicherheit, auf dem richtigen Weg zu sein.
Im Zuge von Wiederholungen einer erlenten Aufgabe reduzieren Sie das Zwischen-Lob immer weiter, bis es vollständig wegfällt. Ihr Pferd kennt nämlich den Ablauf immer besser. Es würde sich ernsthaft fragen, was das Zwischen-Lob noch soll, wo es seine Aufgabe doch inzwischen beherrscht.
Der richtige Zeitpunkt beim Loben (Zwischen-Lob, Abschluss-Lob) dürfte etwa im Bereich von 0,5 – 1,0 sec nach einer anerkennenswerten Leistung liegen. Nur so kann Ihr Pferd einen Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und Ihrer Rückmeldung herstellen.
Diese kurze Zeitspanne schränkt das Loben mit Futter und mit Streicheln ein: Mit Futter, weil dieses so offensichtlich bereitgehalten werden muss, dass das Pferd sogar die Hand in der Jackentasche 100%-ig richtig interpretiert. Und mit Streicheln, weil Sie zum Beispiel beim Longieren zu weit von Ihrem Pferd entfernt sind oder beim Reiten Ihre Körper- und Handhaltung aufgeben müssten.
Der völlig falsche Zeitpunkt für ein Lob ist der, wenn Ihr Pferd nervös wird und sich Fluchtgedanken macht. Ein Lob in dieser Situation signalisiert Ihrem Pferd, dass sein Verhalten völlig korrekt ist und Ihre Zustimmung findet. Stattdessen sollten Sie sich einmal kurz und knackig Ihrem Pferd gegenüber äußern; etwa so: “Reg Dich nicht auf ! Wenn sich einer aufregt, dann ICH !”. Ihr Pferd wird kurzzeitig von Ihrer grimmigen Äußerung beeindruckt und von seinen Fluchtgedanken abgelenkt sein. Das ist dann Ihre Chance für ein souveränes Lob, dass es seine Aufmerksamkeit wieder Ihnen zugewandt hat.
Pferde-Bedürfnisse befriedigen hat nichts mit Loben zu tun
Wenn Sie Ihrem Pferd etwas Gutes tun wollen, dann verwechseln Sie dies nicht mit Loben. Loben ist Teil des Trainings, um gewünschtes Verhalten einzuüben und zu belohnen.
Pferde-Bedürfnisse befriedigen wie
- Wälzen lassen,
- an heißen Sommertagen im Wasser abkühlen lassen,
- liebevolles Kraulen,
- Lieblingsfutter geben,
- ein Wochenende frei geben,
- Spazierengehen und häufige Fresspausen einlegen,
- während des eigenen Urlaubs das Pferd auf die Weide stellen
sind dagegen Ausdruck von Respekt und Dankbarkeit gegenüber dem Partner Pferd. Die Bedürfnisse seines Pferdes zu befriedigen sind Respekts-Bezeugungen. Sie sind daher weder mit früher erbrachten noch künftig erwarteten Leistungen verknüpft.
Fazit
Richtig loben ist eine wichtige Fertigkeit, die Sie als Reiterin und Reiter im Schlaf beherrschen sollten. Durch Lob schenkt Ihnen Ihr Pferd alles, was die Natur ihm mitgegeben hat. Und das ist viel, viel mehr, als Sie durch Druck aus ihm “herauspressen” könnten.
Üben Sie das Loben mental vor dem Training. Stellen Sie sich vor, welche Übungen Sie mit Ihrem Pferd trainieren möchten. Machen Sie sich die Stellen bewusst, an denen es noch klemmt. Überlegen Sie sich, welche Art von Lob Sie geben, wenn Ihr Pferd die kritische Stelle erstmals gemeistert hat.
Und vor allem: Nehmen Sie sich fest und unabänderlich vor, das Training zu beenden, wenn alle Schwierigkeiten gemeistert sind; und sei es nach 10 Minuten !
Zeigen Sie sich Ihrem Pferd gegenüber als souveräne Führungsperson, die gute Leistungen anerkennt.
Viel Erfolg!